Anthologie
Herausgeber: Creativo – Initiativgruppe für Literatur, Wissenschaft und Kunst

Taschenbuch
Erscheinungsjahr: 2012
152 Seiten
Preis: 10,00€
ISBN: 978-3-935912-70-9

Verlag: Fabuloso Verlag, Bilshausen

 

 

In dieser Anthologie findet ihr von mir mein Gedicht „Gedanken zu Lilith“ und die Kurzgeschichte „Seelenfinsternis“.
„Seelenfinsternis“ gehört inhaltlich in meinen ersten Roman Melodie der Ewigkeit, der von Maline beziehungsweise Jeanne erzählt wird. Die vorliegende Kurzgeschichte dagegen erzählt einen Teil des Romans aus Ramons Sicht. Ramon ist der Bruder von Jeanne und mitverantwortlich für ihr trauriges Schicksal.
Wegen der nicht passenden Erzählperspektive wurde dieser Teil damals nicht mit in den Roman aufgenommen. Mir ließ Ramons Geschichte jedoch keine Ruhe und sie fand glücklicherweise einen Platz in der Creativo Anthologie „Bösartigkeiten“, die mittlerweile aber fast vergriffen ist.

 

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Seelenfinsternis

Ramon hasste sie so sehr. Alles hatte sie kaputtgemacht. Durch ihre Sturheit, durch ihre Andersartigkeit. Sein Freund Taras hatte ihn in der Hand. Wenn der auspackte, dann gnade ihm Gott. Angst und Hass sind starke Verbündete! Sie gaben Ramon ungeheuere Energien, obwohl er sich sonst oft sehr müde und krank fühlte. Von diesen Kräften beflügelt hatte er viele Jahre nach seiner Schwester gesucht. Vor kurzem hatte er sie gefunden. Sie hauste unter erbärmlichen Verhältnissen in einer winzigen Hütte. Zusammen mit einer fremden Frau und deren Kind. Anstatt dankbar zu sein, dass Ramon sie aus dieser armseligen Lage befreite, hatte sie nun tatsächlich mit ihrer verdammten Zauberei den Vater ermordet. Natürlich stritt sie alles ab, tat unschuldig und weinte und jammerte andauernd. Sein jüngerer Bruder Jakob hielt wie selbstverständlich zu ihr. Nun, das war inzwischen unwichtig. Vater Benedictus, der Hauspriester, hatte nach dem Bischof schicken lassen. Dieser hatte nicht lange auf sich warten lassen. Vor ein paar Stunden war er mit seinem Gefolge eingetroffen. Man hatte ihm Jeanne vorgeführt und er hatte sie befragt. Die junge Frau blieb bei ihren Beteuerungen, sie wäre unschuldig. Doch der Bischof meinte, ein irres Funkeln in ihren Augen zu erkennen. Ramon hörte Jeanne jammern und schreien. Die Schergen des Bischofs unterstützten wohl die Befragung mit Quälereien und Folter. Ramon schlich auf dem Gang vor dem Kerker umher und fühlte eine seltsame Befriedigung bei der Vorstellung, dass seine Schwester nun endlich bekäme, was sie in seinen Augen schon so lange verdiente. …